Beatsteaks
please tour 2025
BEATSTEAKS // »PLEASE«
In der Geschichte des Gitarrenrock gibt es wenige Bands, die bis zum neunten
Studioalbum durchgehalten haben — und mehrheitlich enttäuschende neunte
Studioalben. Wer sich achtmal ausgewrungen, abgequält und leer geschrieben hat,
ist höchstgefährdet, ein für allemal den Hunger zu verlieren und im Greatest-Hits
Teufelskreis zu erlahmen. Die Beatsteaks haben proaktiv gegen die eigene Sattheit
aufbegehrt und so lange im kreativen Hungerstreik ausgeharrt, bis das Feuer alter
Tage wieder zu lodern begann. Um es endgültig neu zu entfachen, musste die Band
hart an sich arbeiten, alte Muster überwinden, sich auf das Wesentliche besinnen,
Ordnung schaffen und neues Chaos zulassen. Am Ende jenes Prozesses steht
»PLEASE« — ein neuntes Studioalbum, das mit der Eindringlichkeit, dem Spielwitz
und der Unrast einer explosiven Debüt-LP auftrumpft.
»Was uns innerhalb der Band verbindet, ist ja unter anderem, dass wir alle nicht lange ruhig
halten können«, schmunzelt Sänger und Gitarrist Arnim Teutoburg-Weiß. Das neue Album
sei »so zappelig, wie jedes einzelne Mitglied der Beatsteaks es auch ist« — und »immer ein
bisschen zu dolle«. Genau dieser Aspekt macht »PLEASE« so juvenil, so leichtfüßig, so
pulsierend, so fordernd: Dieses Album ist auf hundertachtzig, kippelt, hämmert und klirrt,
hält unablässig eine elektrisierende Spannung. Irgendwie ist das auch kein Wunder, entlädt
sich in »PLEASE« doch eine Vulkanladung an künstlerischem Ehrgeiz, der sich seit knapp
sieben Jahren — ganz richtig, so lang liegt das letzte Beatsteaks-Studioalbum »Yours«
inzwischen zurück — angestaut hat. Seit Herbst 2017 hat sich vieles, ja, eigentlich alles
verändert: In der Welt, in der Musiklandschaft, auch in den Lebensrealitäten aller fünf
Beatsteaks-Mitglieder. Es sind Kinder gekommen und Eltern gegangen, es gab ein paar
individuelle und ein paar kollektive Krisen zu meistern, auf dem Weg ist das eine oder
andere Haar ergraut — »dit janz normale Leben halt«, wie Arnim resümiert. »Und dann war
da noch eine Pandemie«, fügt Schlagzeuger Thomas Götz an.
In dieser Zeit wurde geredet, vermutlich so viel wie noch nie, in der Geschichte der
Beatsteaks — über sich einschleichende Hierarchien, unliebsame Marotten und schnöde
Gewohnheiten, Ansprüche, Werte und die gemeinsame Zukunft. »Im Laufe dieses Dialogs
ist uns klar geworden, wie groß der Kosmos ist, den wir uns mit der Band selbst geschenkt
haben … Und wie klein die Luxusprobleme sind, die uns hin und wieder darin beschäftigen«,
führt Arnim aus. Die noch viel wesentlichere Erkenntnis: »Unsere Aufgabe ist es, den Leuten
etwas Schönes zu bringen, sie mit unserer Existenz, unserer Musik glücklich zu machen …
Die Welt ist schließlich beschissen genug«. Diese Maxime, sinnbildlich manifestiert in der
2022 erschienenen Single »Kommando Sunshine«, ist als Fundament der neuen Platte
»PLEASE« zu begreifen.
Etwas Schönes muss sich schon im Kern schön anfühlen und in einer, so formuliert es
Thomas Götz, »stress- und argwohnfreien Zone« reifen. Der größtmöglichen Leichtigkeit
zuliebe haben die Beatsteaks ihren Laden aufgeräumt — und neuen Wind reingelassen.
Anders als alle Alben seit der Platin-Scheibe »Smack Smash« aus 2004 wurde »PLEASE«
nicht vom bis heute engen Freund der Band Moses Schneider produziert. Stattdessen ging
ab Frühjahr 2023 ein gewisser Olaf Opal (Der mit seinen Arbeiten zwischen verspultem
Underground und straighten Multiplatin-Erfolgen als einer der versiertesten
zeitgenössischenProduzenten gilt) im Berliner Beatsteaks-Headquarter ein und aus. Zu
diesem Zeitpunkt hatte die Band ihren ersten Post-Corona-Sommer hinter sich und
zwischen Nürburgring und Waldbühne neue Kräfte gesammelt. Auf einmal häuften sich
Demos, Melodien, Riffs und Textfragmente — und damit auch die Aufgaben für Olaf Opal,
der direkt eifrig zu sortieren begann. »Bei der Fülle an kreativen Impulsen, die durch unseren
Proberaum geschwirrt sind, brauchte es ganz dringend eine Person, die uns aktiv
Verantwortung entzieht … Eine Person wie Olaf, der es völlig egal ist, welches Bandmitglied
gerade für welche Idee kämpft«, sagt Arnim.
Im Sommer letzten Jahres ging es dann Schlag auf Schlag: Am 28. Juni verließen die
Beatsteaks begleitet von »Non, je ne regrette rien«-Gesängen ihrer verschwitzt-beseelte
Crowd die Bühne des Fusion Festivals. Das Equipment wurde ab- und keine zwölf Stunden
später direkt wieder aufgebaut: Im Publikumsbereich des Berliner Columbia Theaters.
Genau hier verwandelten sich anschließend knappe fünfundzwanzig Skizzen in elf
vollwertige Albumsongs. Thomas Götz nennt Olaf Opal nicht grundlos den »Master of
Räume«: Die Idee, »PLEASE« nicht im Studio oder gar im Proberaum, sondern im
Epizentrum eines riesigen, altehrwürdigen Saals zu recorden, kam vom neuen
Produzenten. Heute lässt sich festhalten, dass das ‚Experiment Theatersound‘ einem
Geniestreich glich: Über der gesamten Platte hängt ein raumfüllender, organisch
dreidimensionaler Hallschleier. Gleichzeitig ist jedem einzelnen Song anzuhören — auch
das hat gewiss mit den veränderten Bedingungen zu tun — dass die Band aufgeregt ist.
Und das ist, logisch, immer ein gutes Zeichen.
Am Anfang der Tracklist steht das energieschürend-hämmernde »Goodbye« — ein
verheißungsvolles Startsignal, das sich anschleicht und aufheult. Mit »Detractors« glückt
der Übergang von »get ready!« zu »what are you waiting for?« … Dieser Song liefert die
geballte Ladung Beatsteaks, schwankt freudestrahlend zwischen Ohrwurm-Hymne und
Turn-Up-Versprechen. »Dead Man« und »Katharina« lassen — auch das ist unverzichtbarer
Bestandteil der Beatsteaks-DNA — bewusst viel Raum für artistische Gitarren
Verrenkungen. Dann? Der abgedrehte Kopfnicker »Traumschiff«, ein lauter, fordernder
Appell: »Don’t give up now!«. Die unbeschwert-blumige Album-Mitte — bestehend aus den
Stücken »Against All Logic« und »Love Like That« — schmiegt sich ans Ohr ihrer
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